GNF - Bedrohter See 2012
 

Bedrohter See des Jahres 2012: Titicaca See in Peru und Bolivien

 

Aktivitäten zum Welt Wasser Tag in Puno, Peru

22. März 2012: CEDAS, die Partnerorganisation des GNF vor Ort, organisierte ein Informationsseminar über den Titicaca See als bedrohten See des Jahres. Vertreten waren u.a. das Reserva National del Titicaca, die Provinzverwaltung Puno, regionale Regierungsvertreter und Abwasserfirmen.

 

CEDAS schloss sich auch einem Marsch an, der vom Tourismus-Sektor organisiert wurde, und zum wachsenden Bewusstsein für die bestehenden Probleme am Titicaca See und der geforderten Hilfe auf lokalem und internationalem Niveau beitragen sollte. Die Aktivitäten stießen lokal auf positive Akzeptanz. Nun hofft man auf internationale Hilfe und Unterstützung.

22. März 2012: Anlässlich des Weltwassertages verfassen die beiden Partnerorganisationen Trópico und CEDAS eine gemeinsame Resolution mit den wichtigsten Forderungen für den Schutz des Titicaca Sees.

 
 Marsch durch Puno (22.03.2012)
 Plakat zum Titicaca See (22.03.2012)
 

 
 

Allgemeines

Der Titicaca See ist der größte Trinkwassersee in Südamerika und das höchste, kommerziell schiffbare Gewässer weltweit.

 

In der kargen Hochebene der Anden, dem Altiplano in Peru und Bolivien, war und ist der Titicaca See als Trinkwasser- und Nahrungsquelle, v.a. durch seinen Fischreichtum, für die umliegende Bevölkerung von existentieller Bedeutung. Auch das Totora-Schilf der Uferzonen ist noch heute eine wichtige Lebensgrundlage der Urus, einer kleinen indigenen Bevölkerungsgruppe, die auf „schwimmenden Inseln“ im Titicaca See bei Puno in Peru lebt. Sie stellen aus dem Schilf ihre Inseln und Hütten her, sowie Boote zum Fischfang.

 

Heute leben im Einzugsgebiet des Titicaca Sees ca. 2 Millionen Menschen. Dies hat eine starke Inanspruchnahme aller Ressourcen des Sees und seiner Uferzonen sowie der angrenzenden Landflächen zur Folge. In den vergangenen Jahrzehnten setzte man auf die Selbstreinigungskraft des Sees, weshalb die Klärung der anfallenden Abwässer im Einzugsgebiet nur unzureichend durchgeführt wurde. Heutzutage sind die gravierenden Folgen dieser Versäumnisse vielerorts zu sehen, die zusammen mit der massiven Übernutzung den stark bedrohten Zustand des Sees begründen und auch die zukünftige Bereitstellung der Lebensgrundlagen für viele Menschen und Tiere gefährden. 

 Halbinseln im Titicaca See
 Titicaca See
 

Aktuelle Situation – Bedrohung des Sees

Unbehandelte Abwässer aus Haushalten und Industrie

Das Abwasser der ca. 118.000 Einwohner der peruanischen Stadt Puno gelangt größtenteils ungereinigt in den nördlichen Teil des Titicaca Sees, lediglich 20 % wird in aeroben Abwasserteichen gereinigt. Ein großer Teil der Wasseroberfläche der Puno-Bucht ist bereits mit Wasserlinsen bedeckt, die sich durch den hohen Nährstoffeintrag rasch ausbreiten. Um die weitere Verbreitung der Wasserlinsen zu verhindern, wurden in den vergangenen Jahren aerobe und anaerobe Mikroorganismen eingesetzt oder auch Wasserlinsen mechanisch aus dem See entfernt. Doch der ungebremste Nährstoffeintrag fördert das Wachstum der  Wasserlinsen weiter.

 

Auch am kleineren, südlichen Teil des Titicaca Sees erfolgt die Reinigung der eingeleiteten Abwässer nur unzureichend. Die bolivianische Stadt El Alto, welche ca. 60 km östlich von der Cohana-Bucht des Sees entfernt liegt, trägt mit ihren 1,1 Millionen Einwohnern massiv zur Verschmutzung des Sees bei. Die kleine Kläranlage der Stadt mit einer Kapazität für 300.000 Einwohner entspricht schon seit gut 15 Jahren nicht mehr dem tatsächlichen Bedarf.

 

Neben den häuslichen Abwässern gelangen auch verunreinigte Abwässer aus Lebensmittel-, Leder-, Zement- und Holzindustrie in verschiedene Zuflüsse des Sees.

Verschmutzung aus Minen

Durch zahlreiche und teilweise illegale Minenarbeiten werden Abwässer aus dem Abbau von Edelmetallen, wie z. B. Gold und Silber mit Schwermetallen, u. a. Zink und Quecksilber, belastet.

Pestizide und Düngemittel aus der Landwirtschaft

Traditionell werden um den Titicaca See verschiedene Arten von Kartoffeln angebaut, die Region gilt sogar als Ursprungsgebiet des Kartoffelanbaus. Auch Getreidearten wie Mais, Gerste und Quinoa gehören zu den landwirtschaftlichen Produkten der Region, die Dank des günstigen, vom Wasserkörper erzeugten Mikroklimas, trotz der sonst widrigen Bedingungen in dieser Höhenlage wachsen.

 

Um dem steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln nachzukommen, werden immer größere Flächen für den Anbau von Getreide und Gemüse und die intensive Landwirtschaft genutzt. Der Einsatz von Ertragssteigernden Düngemitteln hat dabei einen zusätzlichen negativen Einfluss auf die Böden und den Wasserkreislauf.

Sinkender Wasserspiegel

Der Titicaca See wird durch 27 Flüsse sowie die Niederschläge gespeist. Die Regenperioden verkürzen sich aber bereits seit vielen Jahren, von den ursprünglich sechs Monaten regnet es in Regel heutzutage nur noch drei Monate. Somit zeigen sich hier bereits die verheerenden Auswirkungen des Klimawandels mit einem drastischen Wasserstandsabfall. Die Wassermengen der Zuflüsse gehen aber auch auf Grund von ansteigenden Wasserentnahmen und -bedarf (Trinkwasser, Bewässerung von Feldern, industrielle Nutzung) in den Flusstälern deutlich zurück.

 

Der sinkende Wasserspiegel des Sees und trocken fallende Uferbereiche bedeuten für viele Tiere und Pflanzen am und im See den Verlust an Lebensräumen, Laichgebieten und Nistplätzen. Auch die Konzentration der organischen und chemischen Verschmutzung des Wassers wird hierdurch dramatisch verschärft.

Fischerei und Milchwirtschaft

Die Gemeinden am Titicaca See leben traditionell vom Fischfang. Hierbei spielten die einheimischen Fischarten, wie z. B. die Andenkärpflinge Ispi, Karachi, Humanto und Boga eine bedeutende Rolle. Seit 1942 wurden verstärkt fremde Fischarten, wie z. B. Trucha (Forelle), wegen ihres schnelleren Wachstums im See ausgesetzt, was zu einem Rückgang der heimischen Arten führte. Zusätzlich hat die sich verschlechternde Wasserqualität einen negativen Einfluss auf die Fischbestände, so dass bereits seit Mitte der 1980-er Jahre einige Fischer ihre Arbeit aufgeben mussten. Viele von ihnen sind Viehzüchter geworden und lassen ihre Alpaca-, Schaf- und Rinderherden rund um den See weiden. Dieser Strukturwandel ist die Ursache für eine zunehmende Überweidung der kargen Hänge.

Erste Maßnahmen zur Verbesserung der Situation

Seit Oktober 2008 hat USAID (United States Agency for International Development) zusammen mit den Stadtbezirken von El Alto und weiteren Gemeinden, die zur Verschmutzung beitragen, Maßnahmen ergriffen, die die Ursachen der Verschmutzungen beheben sollen. Einige Industriezweige setzen jetzt teilweise „saubere“ Technologien in der Abwasserbehandlung. Langfristig sollen zwei neue Kläranlagen zur Abwasserbehandlung in El Alto zur Verbesserung der Wasserqualität im Katari Fluss sowie an der Cohana-Bucht beitragen. Das setzt umfangreiche Investitionen in naher Zukunft voraus, um den „heiligen See“ und seine wertvollen Leistungen für Mensch und Natur langfristig zu erhalten.

 

Die bolivianische Naturschutzorganisation Trópico setzt zusammen mit dem Global Nature Fund seit Dezember 2011 ein Projekt zum Kampf gegen den Klimawandel am Titicaca See um. Durch Bewusstseinsfördernde Maßnahmen einer Umweltbildungskampagne wird die einheimische Bevölkerung über den Klimawandel und seine Auswirkungen, u. a. auf ihre Lebensgrundlagen, informiert. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts ist die Entwicklung eines Klimaschutzkonzepts für Millionenstadt La Paz in enger Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung. So werden Regierung, einheimische Bevölkerung und andere Interessenvertreter in die Projektmaßnahmen zur Problemlösung aktiv eingebunden.

 Wasserlinsen bedecken die Seeoberfläche.
 Entnahme der Wasserlinsen.
 Abfall und Abwasser bei der Stadt Puno
 Landkarte Ttitcaca See
Quelle: www.wikipedia.org
 Inseln im Süden des Titicaca Sees
 Schwimmende insel der Urus auf dem Titicca See
 Bewohnerin einer Urus-Insel
 

Hintergrund

Der Titicaca See liegt auf einer Höhe von 3.810 m über dem Meeresspiegel im Norden der Anden-Hochebene, dem Altiplano. Der See erstreckt sich über eine Fläche von ca. 8.400 km². Unterteilt ist der See in zwei Becken, wobei das kleinere, südlich gelegene Becken, der sog. Lago Huinaymarca, nur über die schmale Straße von Tiquina (ca. 800 m breit) mit dem größeren, nördlichen Lago Chucuito verbunden ist.

 

Erste Ansiedelungen rund um den Titicaca See hat es bereits um 1.500 v. Chr. gegeben. Die Aymara-Kultur hatte hier ihr religiöses und administratives Zentrum. Im 15. Jahrhundert n. Chr. erstreckte sich das Inka-Reich bis zum Titicaca See. Die Urus, ein bis heute bestehendes indigenes Volk des Titicaca Sees, haben sich zu Zeiten der Inka-Herrschaft vor den kriegerischen Auseinandersetzungen auf eigens gebauten, schwimmenden Inseln aus Totora-Schilf in Schutz gebracht. Die Urus leben noch heute auf ihren „Inseln“ im See. Auf den zu Peru gehörenden Inseln Taquile und Amantaní leben kleine Gruppen des Quechua Volks. Auch auf beiden „heiligen Inseln“ der bolivianischen Seite, Isla del Sol (Sonneninsel) und Isla de la Luna (Mondinsel), findet man noch traditionelle Dörfer und viele Ruinen aus vergangenen Zeiten.

 

Seit Oktober 1978 unterstehen große Flächen vor Puno dem Naturschutzgebiet „Reserva Nacional del Titicaca", welches ca. 362 km² umfasst. Der Titicaca See bietet Lebensraum für zahlreiche endemische und auch zum Teil bedrohte Arten, dazu gehören verschiedene Vogel-, Fisch- und Amphibienarten. Seit 1998 ist der gesamte See als Ramsar-Schutzgebiet ausgewiesen.

 

Seit 2003 ist der Titicaca See Mitglied im internationalen Netzwerk Living Lakes des Global Nature Fund.

Partnerorganisationen vor Ort

Die peruanische Umweltorganisation CEDAS (Centro de Desarrollo Ambiental y Social) mit Sitz in Puno und die bolivianische Naturschutzorganisation TRÓPICO (Asociación Boliviana para la Conservación) mit Geschäftsstelle in La Paz vertreten den Titicaca See seit dem Eintritt ins Netzwerk Living Lakes.

Allgemeines

Seit dem Jahr 2004 ernennt der Global Nature Fund, eine international tätige Umweltstiftung, am 2. Februar 2012, dem internationalen Tag der Feuchtgebiete, jedes Jahr einen „Bedrohten See des Jahres”. Dadurch soll über die aktuelle und bedrohliche Situation vor Ort aufmerksam gemacht werden. Das Augenmerk liegt auf Förderung von Maßnahmen und Lösungsansätzen zur Verbesserung der Umweltbelastungen des jeweiligen Sees.

Weitere Informationen zum Titicaca See finden Sie auch auf unserer Webseite.

 Urus-Insel
 Stadt Copacabana im Süden des Sees
 Isla de Sol (Sonneninsel)
 Siedlungen am Titicaca See